Ganz nah dran und doch irgendwie ganz fern

Auch in Kyoto war ich nun schon ein paar Mal und habe auch scon den ein oder anderen Blick auf eine Geisha (oder Geiko, wie sie hier eigentlich genannt werden) erhaschen können. Immer nur kurz für ein paar Sekunden, wenn sie schnell über die Gasse huschen, um von einem Termin zum nächsten zu eilen. Diese Situation werden auch immer seltener, denn seitdem einige Touristen die Geikos überfallartig belagert, festgehalten und am Weitergehen gehindert haben, ist die Stimmung gereizt. In den Geisha-Vierteln herrscht erhöhte Polizeipräsenz und Kameraüberwachung und wer beim unerlaubten Fotografieren erwischt wird, muss mit drakonischen Strafen rechnen.

A Meiko during traditional dance

Was also tun? Ganz einfach: selbst eine Vorführung buchen. In den Zeiten von Internet ist eine entsprechende Veranstaltung schnell gefunden. Es stellt nachher heraus, dass die Vorgehensweise im Hintergrund Recht kompliziert ist, aber das braucht einen als Besucher ja nicht zu stören. Die Tourleiterin erklärte, dass sie selbst keine Heiko buchen kann, obwohl sie schon Dutzende solcher Veranstaltungen geleitet hat. Auch ihr Chef, der Leiter der Touristenunternehmens kann das nicht. Aber ihr Chef kennt eine Dame, eine Inhaberin einer traditionellen Fächermanufaktur, die Beziehungen zu einer Hausmutter von Meikos hat (so werden hier die sehr jungen Geishas genannt) und so eine Vorführung organisieren kann.

„Unsere“ Meiko war 18 Jahre alt und hat uns eine sensationelle Stunde Unterhaltung bereitet. Ab dem ersten Moment hat sie Eleganz, Wärme und Freundlichkeit ausgestrahlt und dafür gesorgt, dass die Zeit wie im Flug vergangen ist. Natürlich gehört dazu auch der traditionelle Tanz dazu, der zwar irgendwie nett anzuschauen ist, mir sich aber nicht so richtig erschließt. Sie hat geduldig und häufig mit einem Lachen unsere Fragen beantwortet und bei einem traditionellen Spiel waren wir komplett chancenlos. (Nur weil sie uns unterhalten will, muss sie uns anscheinend nicht gewinnen lassen.)

Alles in allem ein super kurzweiliger Abend und eine ganz neue Erfahrung. Hab ich jetzt die Faszination hinter den Geishas verstanden? Vielleicht ein bisschen, aber so ganz dann eben doch nicht.

Meiko-san and me

Kyoto ist Japan

Der kurze Abstecher nach Kyōto ist nun auch schon fast rum. Und was soll ich sagen: Kyōto ist Japan. Es gibt wohl keinen Ort in dem man die traditionelle Seele Japan intensiver erleben kann als hier.
Einiges, dass ich schon kannte, habe ich noch einmal besichtigt. Einiges habe ich zum ersten mal gesehen. Und vieles habe ich auch diesmal auslassen müssen. Es sieht also danach aus, dass ich wohl noch einmal herkommen muss.
Der Monat Mai ist jedoch definitiv der falsche Zeitpunkt für einen Besuch. Als ich das letzte mal Ende November nach Kyōto kam, war alles in dramatische Gold- und Rottöne getaucht. Jetzt ist alles einfach nur grün. Das ist nicht schlimm, aber eben auch nicht sonderlich spannend. Japanische Gärten sind halt einfach so gestaltet, dass sie entweder zur Kirschblüte oder zur Herbstlaubzeit am schönsten aussehen.

Highlight des Tages: Besuch des internationalen Manga-Museums.

Hier ist Japan zu Hause

In Kyoto ist wirklich das traditionelle Japan zu Hause. Die letzten Tage waren angefuellt mit Besichtigungen von Tempeln und Schreinen, Zen-Gaerten und Parks, einer schoener als der andere. Aber so langsam kommt doch eine gewisse „Tempel-Muedigkeit“ auf und irgendwie sehen sich viele Tempel auch recht aehnlich. Das mag vielleicht jedoch nur an meinem ungeuebten Auge liegen, fuer Japaner sehen unsere Kirchen wahrscheinlich auch alle gleich aus.
Morgen schaue ich mir noch zwei Tempel in der Innenstadt von Kyoto an, dann geht es weiter nach Osaka. Laut Reisefuehrer hat Osaka sehr wenig an Kultur zu bieten, sondern zieht die Leute durch sein Nachtleben an. Das wird eine willkommene Abwechslung sein.

In Kobe ist gerade ein Fest zum Gedenken an das grosse Erdbeben von 1995. Dort konnte ich mich gestern ordentlich mt japanischem Junk-Food vollhauen. Eigentlich wollte ich in Kobe ja ein ordentliches Steak essen, aber nachdem ich knapp 20 EUR an fettigem Kram reingehauen hatte, war mir ein wenig uebel. Nicht dass das Essen schlecht waere, es war wohl einfach zu viel. Lieb gewonnen habe ich besonders die kleinen frisch gebacken Teigbaellchen, die mit Oktopuss gefuellt und getrocknetem und geraspeltem Fisch bestreut sind. In Deutschland wurden die Kinder sicher auch nicht um gebratene Huehnerleber betteln.

An Tempeln satt sehen

Heute heisst es Tempel bis zum abwinken anschauen, denn das Wetter ist prima und ich bin nach der gestrigen Zechtour auch schon halbwegs wieder fit. Ich habe in der Jugendherberge noch 5 andere Reisende getroffen und zusammen sind wir kurzerhand in eine kleine urgemuetliche Spelunke eingefallen. Fuer die Menge an Sake, die wir da gebechert haben, geht es uns eigentlich erstaunlich gut. Der Abend war auch deshalb ganz witzig, weil wir ein paar japanische Stammgaeste getroffen haben, die nach dem x-ten Glas Sake dann doch ploetzlich gespraechig werden.